Spandau II

Öffentliche Stadtführungen

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(Angaben ohne Gewähr)

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Historische Stadtführungen auch in Spandau

Individuelle Stadtführungen nach Maß

„Müssen wir uns heute noch schuldig fühlen?“ Das haben wir alle schon gehört. Wie können wir aus der Geschichte lernen, wie erkennen wir politische Hetze und Demagogie – auch aktuell? Wie können wir bloße Behauptungen, Lügen und Verschwörungstheorien überprüfen? Durch Neugier und durch Wissen. Stellen wir auch unangenehme Fragen und suchen wir nach Antworten. Dazu gehört Mut. Gehen wir gemeinsam vor Ort, schauen wir uns gemeinsam um. Und gehen wir ehrlich miteinander um. Auch dafür sind gute historische Stadtführungen da.

Der Stadtnavigator Berlin arbeitet für Sie individuell Stadtführungen nach Ihren Themen aus. Der Preis variiert natürlich durch den benötigten Arbeitsaufwand. Fragen Sie unverbindlich nach. Nutzen Sie einfach dafür das Kontaktformular oder schreiben Sie an Info@Stadtnavigator-Berlin.de.

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Berlin-Spandau, Bahnhof Spandau

Berlin-Spandau, Bahnhof Spandau

(Fortsetzung von Spandau I)

Spandow als Garnisonsstadt

Unter dem Kurfürsten Joachim II. Hector (1535-1571) wurde die Burg in eine Landesfestung umgebaut, die neben dem Schutz von Spandow auch den der Residenzstadt Berlin-Cölln übernehmen sollte.

Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) brachte tiefgreifende Veränderungen. Die Stadtbefestigung wurde verstärkt und Spandow wurde eine Bastionsstadt. Spandow erhielt eine Garnison, die die Bürger in ihren Häusern unterzubringen und zu verpflegen hatte. Noch bis um 1800 herum waren zwischen einem Drittel und der Hälfte der Spandower Bevölkerung Militärs.

Im Oktober 1806 wurde die Festung Spandow von der napoleonischen Armee belagert und kapitulierte kampflos. In den Befreiungskriegen wiederum schlossen russische Truppen die französisch besetzte Spandower Festung ein. Dann nahmen preußische Truppen die Stadt und die Festung unter Beschuss. Am 23. April 1813 kapitulierten die französischen Truppen. Im Nachhinein entstand ein reger „Ruinentourismus“, für den die Berliner an den Stadttoren sogar Eintritt bezahlten.

Preußen baute im 19. Jahrhundert im Schutz der Festung die Rüstungsindustrie auf. Den Anfang dafür hatte bereits Friedrich Wilhelm I. 1722 mit der auf dem Plan errichteten Gewehrfabrik gemacht. Bis 1918 war Spandow zu einem wichtigen Zentrum der Rüstungsindustrie im Deutschen Reich mit 70 000 Beschäftigten geworden.

Die Entwicklungsmöglichkeiten der Festungsstadt Spandow waren beschränkt. Die Stadt konnte sich nicht ausdehnen. Die Heereswerkstätten gehörten dem Militärfiskus und waren von der Gewerbesteuer befreit, die der Stadt zugute gekommen wäre. Während sich in Berlin die von privaten Unternehmern getragene Industrie neben den staatlichen Betrieben frei entwickeln konnte, blieb Spandow auf die militärische Produktion beschränkt.

Die Militär- und Festungsstadt Spandow war zugleich eine Gefängnisstadt. Neben dem Staatsgefängnis im Juliusturm und der Zitadelle gab es seit 1687 das Spandauer Zucht- und Spinnhaus und von 1779 bis 1920 das Festungsgefängnis, das 1920 in eine Zivilstrafanstalt umgewandelt wurde. Die Strafanstalten wurden als Wirtschaftsbetriebe ausgebaut. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden als gefährlich eingestufte Verbrecher in die Festung verlegt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts saßen im Spandauer Zuchthaus dann ausschließlich solche Gefangene, die zu längeren Freiheitsstrafen verurteilt worden waren, während Häftlinge mit kurzen Freiheitsstrafen nach Moabit oder Brandenburg/Havel kamen.

Neben den Festungsanlagen, Fabriken, Zuchthäusern und Kasernen verlegte der Militärfiskus eine Reihe weiterer militärischer Einrichtungen in die Stadt, die von Übungsplätzen bis hin zur Versorgung reichten. Es gab Schießplätze und Exerzierplätze, eine Militärbadeanstalt, ein Zeug- und Bekleidungsamt, eine Armeekonservenfabrik in Haselhorst, eine eigene Waschanstalt und Feuerwehr, zeitweise sogar eine eigene Schule. Die Garnison errichtete Kirchen und legte besondere Friedhöfe an.

Berlin-Siemensstadt, Siemenswerke

Berlin-Siemensstadt, Siemenswerke

Die Industrialisierung Spandaus

Die Schreibweise des Namens wurde im Jahr 1878 von „Spandow“ in „Spandau“ geändert. Am 1. April 1887 schied die Stadt aus dem Landkreis Osthavelland aus und wurde ein Stadtkreis.

Mit Bau der Berlin-Hamburger Bahn erhielt Spandau am Bahnhof Stresow im Jahre 1846 einen Eisenbahnanschluss. 1871 folgte die Berlin-Lehrter Eisenbahn. Mit der Industrialisierung im Großraum Berlin stieg der Pendlerverkehr. 1911 wurde die Spandauer Vorortbahn (S-Bahn) eröffnet, die 1928 elektrifiziert wurde.

Die Bebauung der Altstadt veränderte sich erst 1876 mit dem Abriss der Stadtmauer. Um 1880 wurde Spandau erweitert. Erst als 1903 der Festungsstatus aufgehoben wurde, wurde Spandau wegen seiner Verkehrslage (Eisenbahnanbindung an Charlottenburg und Berlin) auch für Privatleute attraktiv. Nun wurden wesentliche Teile der Altstadt abgerissen. Von der Breiten Straße aus wurden in der Altstadt Wohngebäude zu Geschäftshäusern umgebaut. Es entstanden Warenhäuser und Einzelhandelsgeschäfte in den Erdgeschossen. Von dieser Entwicklung blieben nur der Bereich zwischen der Charlotten- und Breiten Straße zumindest vorerst unberührt. Kulturell blieb Spandau weit hinter Berlin und Charlottenburg zurück.

In der Militär- und Festungsstadt war es kaum möglich, ein Theater oder Konzerthaus mit anspruchsvolleren Programmen zu füllen. Vor allem der 1858 gegründete Handwerkerverein kümmerte sich um die Volksbildung. 1904 entstand der Volksbildungsverein, der die Volksbibliothek gründete, die spätere Spandauer Stadtbücherei. Dann veranstaltete auch die städtische Deputation für Kunst und Volksbildung regelmäßige Konzerte, die vorrangig von Berliner Künstlern bestritten wurden, organisierte Vorträge von Berliner Dozenten und vermittelte Theater- und Opernvorstellungen in Berlin.

Berlin-Pichelsdorf

Berlin-Pichelsdorf

1877 wurde in Pichelsdorf, außerhalb des Festungsgürtels, eine Brauerei errichtet. Gleichzeitig entstand auch in der nördlichen Vorstadt ein Brauereibetrieb, der noch vor der Jahrhundertwende expandierte und von der Firma „Patzenhofer“ übernommen wurde, die wiederum 1920 mit „Schultheiß“ fusionierte.

Die ständige Erweiterung der Rüstungsindustrie führte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Wohnungsmangel. In der Oranienburger Vorstadt entstanden  Arbeitermietshäuser, die den Berliner Mietskasernen ähnelten.  Der an der Oberhavel gelegene Industriestandort wurde von der Zivilindustrie dagegen kaum genutzt, weil zwar ein Hafen vorhanden war, aber ein Eisenbahnanschluss fehlte.

Im Rahmen der zweiten Randwanderung der Berliner Industrie hatte die Firma „Siemens & Halske“ 1897 am Nonnendamm ein Gebiet erworben, auf dem es ungehindert expandieren konnte. Das Gelände war ein Streitgebiet zwischen den damaligen Städten Spandau und Charlottenburg, das durch Einflussnahme auf die Politik von „Siemens“ schließlich an Spandau fiel. Nach Ermessen von „Siemens“ waren die eigenen Interessen gegenüber dem armen Spandau leichter durchzusetzen als gegenüber der reichen und selbstbewussten Stadt Charlottenburg.

Auch bei „Siemens & Halske“ wurde im großen Stil Kriegsproduktion betrieben. Ab 1914 entstand der neue Stadtteil Siemensstadt. Ab 1922 und bis in den Nationalsozialismus hinein wurde die Werkssiedlung „Siemensstadt“ im Kleinstadtambiente von Werksarchitekten gebaut. Ab 1930 entstand weiter östlich die „Großsiedlung Siemensstadt” als eine der berühmten Berliner Reformsiedlungen. Die Großsiedlung gehört teils zum heutigen Bezirk Spandau und teils zu Charlottenburg. Siemensstadt erhielt eine Straßenbahn und eine Stichbahn, die seit 1929 vom Bahnhof Jungfernheide aus bis zum Bahnhof Gartenfeld verkehrte (heute stillgelegt) und den neuen Bahnhof Fürstenbrunn.

Gartenfelde, nördlich von Siemensstadt gelegen, ist heute eine Insel, die durch den Hohenzollern- und den Spandauer Schifffahrtskanal gebildet wird. Die Kanäle wurden im 19. Jahrhundert gebaut, um die Spree als Transportweg zu entlasten. Bis 1860 war Gartenfelde ein Teil des Haselhorster Gutes. Dann wurde es zum Industriegebiet mit einem Kabelwerk und einem Werk für Kleingeräte.

Um 1900 entstand ein weiterer Industriestandort am Brunsbütteler Damm. Hier siedelten sich die Waggon- und Baggerfabrik „Orenstein & Koppel“ sowie chemische Betriebe an. Hier beteiligte sich die Privatindustrie an der Schaffung neuen Wohnraums durch den Bau von Wohnhäusern.

Berlin-Kladow, Dorfkirche

Berlin-Kladow, Dorfkirche

Die ländlichen Dörfer Gatow und Kladow entwickelten sich zu bürgerlichen Vororten zwischen Spandau und Potsdam, während sich Haselhorst und Siemensstadt zu industriellen Zentren entwickelten.

Staaken wurde urkundlich erstmals 1273 erwähnt. Dort entstanden ab dem Ende des 19. Jahrhunderts Einfamilienhäuser und noch 1935 die „Gartenstadt“ als größte Reformsiedlung in Groß-Berlin. Es war das letzte Mal, dass sich auch jüdische Architekten noch im Nationalsozialismus am Bau der Siedlung beteiligen konnten.

Im Gebiet von Kladow sind mehrere slawische Siedlungen und eine frühmittelalterliche Metallverarbeitung nachweisbar. In der Gegend wurden am Ende des 16. Jahrhunderts Überreste einer älteren slawischen Siedlung gefunden, die seitdem als „Alt-Cladow“ bezeichnet wird.

Kladow war ein Besitz des Spandauer Benediktinerinnenklosters. Während der Reformation wurde es zu einer kurfürstlichen Domäne, nach dem Dreißigjährigen Krieg gehörte es Großgrundbesitzern. Unter Friedrich II. wurden in Kladow, wie in anderen Orten auch Maulbeerbäume für die Seidenraupenzucht angepflanzt. Das Dorf wurde 1808 bei einem Großbrand zerstört. 1818 wurde die Dorfkirche wieder aufgebaut.

Im 19. Jahrhundert wurden Gatow und Kladow entlang der Havel zum Spekulationsgebiet für Berliner Bauunternehmer. Am Havelufer entstanden zahlreiche Villen. Mitte der 1930er Jahre entstand der Militärflugplatz Gatow.

Berlin, Großsiedlung Siemensstadt, „Panzerkreuzer“ (Hans Scharoun)

Berlin, Großsiedlung Siemensstadt, „Panzerkreuzer“ (Hans Scharoun)

Weimarer Zeit und Nationalsozialismus in Spandau

Durch das Militär hatte Spandau einen traditionell hohen Anteil an männlicher Bevölkerung. Während der Industrialisierung hatte sich die Spandauer Bevölkerung innerhalb weniger Jahrzehnte vervielfacht, vor allem durch einen hohen Geburtenüberschuss von über 39 Prozent (Schöneberg 17,6%, Charlottenburg 17,2%, Wilmersdorf 12%).

1920 wurde Spandau nach Groß-Berlin eingemeindet. Obwohl Spandau durch zahlreiche Eingemeindungen havelländischer Gemeinden flächenmäßig zu einem der größten Bezirke Berlins wurde, blieb der Bezirk insgesamt nur schwach besiedelt.

In der Weimarer Zeit war der Bezirk Spandau eine Hochburg der NSDAP. Als Grund werden die Beschränkungen der Rüstungsindustrie durch den Versailler Vertrag nach dem Ersten Weltkrieg angegeben. Große Teile der Spandauer Bevölkerung waren in der Kaiserzeit Militärs oder in der Rüstung beschäftigt. Trotzdem war die Arbeitslosigkeit statistisch nicht höher als in anderen Berliner Bezirken.

1933 wurden SA-Sturmlokale und SA-Heime in „wilde“ Konzentrationslager (→Prenzlauer Berg) umgewandelt. Teile der SA hatten das Siemens-Elektromotorenwerk besetzt und als Folterstätte genutzt. Eine andere Folterstätte  war der so genannte Blutkeller in der Breiten Straße. Dort hatte Ende 1932 ein Kleinunternehmer einen Teil seiner Wohnung an die SA vermietet, die dort zunächst nur eine Geschäftsstelle eingerichtet hatte. Bereits früh beteiligten sich Mitglieder der Spandauer SA am Terror gegen die jüdische Bevölkerung. Viele nutzten zunächst die Möglichkeit eines zusätzlichen Gelderwerbs, indem sie durch Gerüchte und Drohungen von Ladenbesitzern Geld erpressten, sie verschleppten und gegen Lösegeld wieder freiließen. Nach und nach versuchte schließlich die NSDAP den Terror unter staatliche Kontrolle zu bringen, während die SA die Funktion als so genannte Blockwarte zugeteilt bekam.

Zwischen 1933 und 1939 verfünffachte die Reichsregierung den heereseigenen Grundbesitz. Unter den Nationalsozialisten wurde Spandau wieder zur „Waffenschmiede des Reiches“. 1937 herrschte in Spandau Facharbeitermangel durch die umfangreichen Bauaufträge der Wehrmacht. Bereits 1933 war mit dem Ausbau der vorhandenen Kasernen begonnen worden, und nach Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht im März 1935 wurde Spandau erneut zur Garnisonsstadt erklärt. Der Ausbau der Garnisonsstadt erfolgte nun in einem nie gekannten Ausmaß. In der Rüstungsindustrie lag die Hauptlast während des Zweiten Krieges vor allem auf den Frauen und Kriegsgefangenen aus allen Teilen Europas. Als letztes „Arbeitskräftereservoir“ wurden zum Kriegsende immer mehr Häftlinge aus Konzentrationslagern als Arbeitssklaven eingesetzt. Zwei Unternehmen waren Außenlagern des Konzentrationslagers Sachsenhausen mit insgesamt 2000 Häftlingen angegliedert.

In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde auch die Spandauer Synagoge am Lindenufer geschändet und angezündet. Die Spandauer Synagogengemeinde hatte durch die Folgen des nationalsozialistischen Terrors in diesem Jahr nominell aufgehört zu existieren und wurde der Berliner „Jüdischen Kultusgemeinde“ eingegliedert.

Während der schweren Luftangriffe 1944/45 wurde die Spandauer Altstadt stark zerstört. Als die sowjetische Rote Armee Berlin einschloss und eroberte, kam es auch in Spandau zu schweren Kampfhandlungen. Dagegen wurde die Spandauer Zitadelle am 1. Mai 1945 kampflos übergeben. Während der Zweite Weltkrieg im übrigen Berlin am 2. Mai beendet war, wurde in Spandau noch bis zum 3. Mai gekämpft.

Berlin-Spandau, Wohnsiedlung der 1950er Jahre (Seegefelder Straße)

Berlin-Spandau, Wohnsiedlung der 1950er Jahre (Seegefelder Straße)

Spandau nach dem Zweiten Weltkrieg

Untersuchungen größeren Umfangs gegen Mitglieder der Spandauer SA gab es erst am Ende der 1940er Jahre. Doch von den etwa sechstausend Angehörigen der Spandauer SA wurden nur zwei vor Gericht gestellt. Einer wurde freigesprochen, der zweite zu einer geringen Haftstrafe verurteilt.

Die vorhandenen Kasernen wurden teilweise von der britischen Besatzungsmacht oder von der Berliner Polizei genutzt. Andere dienten nun zivilen Zwecken oder wurden abgerissen. Die Rüstungsbetriebe wurden von den Siegermächten nicht nur demontiert. Auch die Fabrikhallen verschwanden aus dem Stadtbild. Es siedelten sich stadtplanerisch völlig unkontrolliert vor allem mittelständische Betriebe auf den freigewordenen Geländen an. Daher wirkt Spandau heute eher zerrissen.

Spandau war weiterhin der größte Industriebezirk in West-Berlin. Im Bezirk lagen die wesentlichen West-Berliner Ver- und Entsorgungseinrichtungen wie das Kraftwerk Reuter, das Müllverbrennungs- und Klärwerk Ruhleben, außerdem die Produktionsstätten von „Siemens“, „Osram“ und dem „BMW-Motorradwerk“.

Daneben entwickelte sich der Bezirk vor allem in den weiterhin landwirtschaftlich geprägten Gegenden zum Naherholungsgebiet für die West-Berliner Bevölkerung.

Der Bau der Berliner Mauer im Jahre 1961 führte zu einem organisierten „spontanen“ Boykott der Berliner S-Bahn durch die West-Berliner Bevölkerung. Denn die S-Bahn war nach dem Viermächteabkommen der Deutschen Reichsbahn (DDR) unterstellt. Gleichzeitig wurden von den Berliner Verkehrsbetrieben parallel führende Omnibuslinien eingeführt und parallel zur S-Bahn neue U-Bahnlinien gebaut. Nicht nur die Gleisstrecken nach Spandau verkamen mit der Zeit und wurden schließlich aufgegeben, während nach 1980 schrittweise die U-Bahnlinie 7 bis zum Rathaus Spandau fast parallel zur alten S-Bahn gebaut wurde. Erst seit 1998 fährt die S-Bahn über die Gleise der Spandauer Vorortbahn wieder bis nach Spandau.

Durch den Marshall-Plan und dem Bauboom der 1950 und 1960er Jahre entstanden auf vorher landwirtschaftlich genutzten Gebieten neue Wohnsiedlungen. Großsiedlungen wie das Falkenhagener Feld, das als Satellitenstadt neben der Gropiusstadt und dem Märkischen Viertel zu den heute umstrittenen Großprojekten des West-Berliner Wohnungsbaus auf der „grünen Wiese“ gehörte, entstanden bis in die 1970er Jahre.

Berlin-Wilhelmstadt, „Seeburger Zipfel“

Berlin-Wilhelmstadt, „Seeburger Zipfel“

Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Spandau zum Britischen Sektor und zu West-Berlin. Eine Besonderheit ist, dass Spandau der einzige Berliner Bezirk war, der geteilt wurde. Im Austausch gegen den „Seeburger Zipfel“, den die sowjetische Besatzungsmacht den Briten für den Ausbau des Militärflughafens Gatow abtrat, wurde der Westen des Ortsteils Staaken abgegeben. Rechtlich wurde West-Staaken in den ersten Jahren noch vom Rathaus Spandau aus verwaltet. Die Bevölkerung nahm noch 1950 an den Abgeordnetenhauswahlen von West-Berlin teil. 1951 wurde das Gebiet von der DDR-Volkspolizei besetzt und zunächst vom Ostberliner Bezirk Mitte aus regiert. Ab 1952 wurde West-Staaken der Gemeinde Falkensee angegliedert, obwohl das Gebiet bis 1961 offiziell immer noch zu Berlin gehörte. Ab 1971 bildete West-Staaken eine eigene Gemeinde. Erst durch den Einigungsvertrag und der Neuvereinigung Deutschlands gehört das Gebiet seit dem 3. Oktober 1990 wieder zum Bezirk Spandau und zu Berlin.

Der ehemalige Militärflugplatz Gatow wurde von der Britischen Besatzungsmacht als Flugplatz der Royal Air Force genutzt. Heute befindet sich dort das Luftwaffenmuseum der Deutschen Bundeswehr.

Berlin-Hakenfelde, Eiskeller

Berlin-Hakenfelde, Eiskeller

Ein anderes besonderes Gebiet war in der Zeit des Kalten Krieges der am westlichen Rand des Spandauer Forstes gelegene Eiskeller, der neben dem Tegeler Fließtal im Winter als die kälteste Region in Berlin gilt. Im Eiskeller können die Temperaturen im Winter bis zu 10 Celsiusgraden unter denen im Berliner Zentrum liegen. Eiskeller war seit 1920 eine Exklave Groß-Berlins, später West-Berlins in der DDR. Die Verbindung mit West-Berlin war nur eine schmale Straße. Dadurch waren die Bewohner in Krisenzeiten des Ost-West-Konflikts Schikanen der DDR ausgesetzt. Sie mussten beim Übergang auf West-Berliner Gebiet von der Britischen Besatzungsmacht vor der DDR-Grenzpolizei beschützt werden. Seit der Berliner Blockade waren die drei westlichen Besatzungsmächte zu Schutzmächten von West-Berlin geworden. Durch mehrere Gebietsaustausche zwischen der DDR und West-Berlin in den 1970/1980er Jahren wurde die Verbindung zwischen dem Eiskeller und West-Berlin verbreitert.

Die deutsche Neuvereinigung im Jahre 1990 führte in Spandau zu einem rasanten Strukturwandel. Die Arbeitsplätze – vor allem in der verarbeitenden Industrie – gehen noch immer weiter zurück. Dennoch ist Spandau bis heute der größte Industriebezirk in Berlin geblieben. Nach der Fusionierung der meisten Berliner Bezirke im Jahre 2001 ist Spandau mit seinen zirka 224 000 Einwohnern heute der bevölkerungskleinste Bezirk.

Berlin-Hakenfelde, Sonnenuntergang an der Havel

Berlin-Hakenfelde, Sonnenuntergang an der Havel

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